BAG zur Urlaubsabgeltung: Urlaubsansprüche verfallen nicht automatisch

Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub von Arbeitnehmer verfallen nicht automatisch. Der Arbeitgeber kann sich auf den Verfall des Urlaubsanspruches nur dann mit Erfolg berufen, wenn er den Arbeitnehmer zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt hat und der Arbeitnehmer den Urlaub trotzdem freiwillig nicht genommen hat.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte am 19.02.2019 über die Klage eines wissenschaftlichen Mitarbeiters entschieden, der nach Ende des Arbeitsverhältnisses von seinem ehemaligen Arbeitgeber Abgeltungsansprüche für nicht in Anspruch genommene Urlaubstage verlangt hatte. Grundsätzlich besteht der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub in natura. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist es jedoch nicht mehr möglich, die Urlaubstage dann noch zu nehmen. In diesem Fall sieht das Gesetz eine finanzielle Entschädigung für Resturlaubstage vor. Der beklagte Arbeitgeber hatte die Forderung des Klägers in dem jetzt entschiedenen Fall mit der Begründung abgelehnt, die Urlaubsansprüche seien verfallen. Scheinbar war der Beklagte von einer Regelung des Bundesurlaubsgesetzes geschützt. Diese sieht nämlich tatsächlich den Verfall von Urlaubsansprüchen zum Jahresende vor. War die Urlaubsgewährung aufgrund von betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht möglich, kann der Urlaub in das nächste Kalenderjahr übertragen und noch bis zum 31.03. genommen werden. Lagen diese Gründe nicht vor und ist der Urlaub auch bis zu diesem Zeitraum nicht genommen worden, sieht die deutsche Rechtsordnung derzeit das Erlöschen der Resturlaubstage vor. Nach der Rechtsprechung des BAG galt das sogar dann, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber ohne Erfolg aufgefordert hatte, ihm innerhalb des maßgeblichen Zeitraumes Urlaub zu gewähren.

Der 9. Senat des BAG hatte die zugrundeliegende Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Die Luxemburger Richter sahen in der deutschen Rechtsprechungspraxis einen Verstoß gegen die europäische Arbeitzeitrichtline. Danach muss der Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass seine Arbeitnehmer ihre Urlaubsansprüche in natura nehmen, wenn er Resturlaubsansprüche nicht abgelten will. Demzufolge hatte das BAG den Fall nochmals an die Vorinstanz zurückverwiesen, damit dort geklärt werden kann, ob der beklagte Arbeitgeber die notwendigen Hinweise und Belehrungen über Urlaubsanspruch und Verfallfristen erteilt hatte.

Fortan sind Arbeitgeber nun gehalten, ihre Angestellten konkret und transparent darüber zu informieren, in welcher Höhe ein Urlaubsanspruch noch besteht und bis wann der Urlaub zu nehmen ist. Die Nachweispflicht liegt beim Arbeitgeber. Es ist damit zu rechnen, dass viele Arbeitgeber diese neuen Maßgaben für das laufende Kalenderjahr beachten werden.

Allerdings können Arbeitnehmer Urlaubsansprüche aus Vorjahren noch geltend machen, wenn sie der Arbeitgeber in zuvor genannter Art nicht belehrt hat. Diese können sodann noch in Anspruch genommen werden. Ist das Arbeitsverhältnis bereits beendet, besteht ein Abgeltungsanspruch. Das BAG hat sich nicht zu der Frage verhalten, wie lange die Ansprüche zurückliegen dürfen. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass Arbeitgeber sich auf die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist berufen werden. Außerdem ist zu beachten, dass einige Arbeitsverhältnisse sog. Verfallklauseln unterliegen. Danach können Ansprüche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur innerhalb einer bestimmten kurzen Frist mit Erfolg geltend gemacht werden.

Wir beraten Sie gern, wenn Sie wissen möchten, ob Ihnen noch Ansprüche zustehen können und wie hoch Ihr Abgeltungsanspruch bei beendeten Arbeitsverhältnissen ist.

 

Dominika Bednarczyk, LL.M.

Rechtsanwältin

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